Was ist eigentlich passiert?

Die ersten drei Wochen verbrachte ich im Klinikum St. Georg in Leipzig. Dann wurde ich mit dem Krankentransport nach Halle gefahren. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch immer nicht wirklich was mit mir geschehen ist. Dass ich einen Autounfall hatte, wusste ich. Mehr hat mich aus irgendeinem Grund aber noch nicht interessiert. Ich glaube im Inneren wusste ich aber genau was los ist. 
In Halle angekommen, wurde ich wieder auf eine Intensivstation gelegt. Allerdings nur zwei Tage zur Überwachung. Hier wurde ich jetzt mit den knallharten Fakten konfrontiert. Die Ärzte zählten alle meine Verletzungen auf, welche ich nicht mal an meinen Händen abzählen konnte. Verstanden habe ich, trotz medizinischer Vorkenntnisse, nur Bahnhof.

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Auf Deutsch: Ich bin querschnittsgelähmt! Und das ab einer Höhe, welche sich Th. 6 nennt. Bei mir ist also der 6. Brustwirbel so kaputt gegangen, dass an dieser Stelle auch mein Rückenmark verletzt wurde. Ich hab ab dieser Stelle, knapp unter der Brust, absolut kein Gefühl mehr. Ich merke weder Wärme noch Kälte noch Berührung oder Druck. Dass ich meine Beine nicht mehr spüre, habe ich schon sofort gemerkt. Dass es jetzt erstmal so bleibt, war mir nur noch nicht bewusst. KACKE VERDAMMTE! Ich konnte nicht mehr aufhören mit weinen. Meine Eltern kamen dann zu Besuch und ich erzählte ihnen noch einmal alles. Sie wussten natürlich schon Bescheid und trösteten mich.
Zusammen schaffen wir das, haben sie gesagt! Und das habe ich auch nie in Frage gestellt. Ich werde sowohl von meiner Familie als auch von meinen Freunden wahnsinnig unterstützt. Es ist einfach super und ich liebe sie dafür!
Eine Querschnittslähmung allein reicht natürlich nicht. Hierzu kommen noch ein paar andere Verletzungen: Oberarm gebrochen, Oberschenkel gebrochen, Becken gebrochen, Schädel-Hirn-Trauma, zwei Schlaganfälle ausgelöst durch einen Riss in der Halsschlagader, Luft und Blut in meiner gequetschten Lunge und und und.

Nach und nach wollte ich wissen, wie es dazu kommen konnte. Ich kann mich an absolut nichts erinnern. Selbst der Tag vorher ist aus meinem Gedächtnis verschwunden. In meinem Kopf ist ein großes Loch.
 Ich habe meine Eltern gefragt, später dann auch mal gegoogelt. Das habe ich gefunden:

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Hört sich an als hätte ich es mit Absicht gemacht?! Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich einfach so, ohne zu gucken, überholen würde. Ich kenne diese Straße, fahre sie jeden Tag und weiß, wie schlecht einsehbar die Kurven sind. Keine Ahnung, was passiert ist. Im Unfallbericht, welchen wir später von der Polizei bekamen, steht, dass ich den Lkw schon fast überholt hatte und dann ins Schleudern gekommen bin.

Wenn ich das Bild sehe, frage ich mich: Wie bin ich bitte aus diesem Auto gekommen? Es ist einfach so unreal, so ein Bild zu sehen und darüber zu schreiben, aber sich an nichts erinnern zu können. Allerdings ist es sicher auch besser so.

4 Kommentare

  1. Peggy

    Hallo Maria, habe wieder Deine Zeilen gelesen. Und ja es packt einen wieder aber ich weiß ja ,dass Du schon vieles gut überstanden hast. Ich kann Dir nur aus Erfahrung sagen, das Die Zeit für Dich arbeitet.
    Als es Nadia damals so schlecht ging habe ich immer gedacht, ach lieber Gott lass doch nur schon ein Jahr vorbei sein. Und auch nach einen Jahr war es noch nicht vorbei aber besser. Ich glaube das es auch nie vorbei sein wird , es gehört einfach alles zum Leben dazu. Und es ist sicher auch das erlebte was einen formt im Laufe der Zeit. Es liegt nur an jeden selber, ob er daran zerbricht oder wächst.
    Papa hat mir erzählt, dass Du schon eine Ausflug gemacht hast, war sicher schön. Mal was anderes sehn, außer das Krankenhaus. Und von dem Angebot paddeln zu gehen. Finde ich ganz super. Das paddeln stärkt ja unheimlich die Armmuskeln und die wirst Du brauchen.
    Und wer weiß vielleicht bist Du ja mal bei den Paralympics dabei- wenn Du in diesen Fall die sportlichen Gene von Papa hast – könnte das echt was werden. Ich muss jetzt lachen – Du bist halt eine gute Mischung, wie meine Nadia auch.
    ich hoffe wieder von Dir zu hören meine kleine Freundin und drücke Dich aus der Ferne und schicke Dir ganz viel Kraft in Gedanken

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  2. Peggy

    Ach noch was, ich hatte auch mal einen Autounfall, war nur ein leichter, auf einer Strecke die ich jeden Tag fahre. Und ich kann Dir nicht sagen warum ich vor diesen Zaun gefahren bin. Alle haben mit den Kopf geschüttelt, wie mir so was passieren kann. Ich weiß nichts- kann ich Dir sagen.
    Ich weiß nur, dass wenn ich irgendwo hin fahre wo ich mich nicht auskenne, voll konzentriert fahre und aufpasse. Ich denke bei Strecken die man jeden Tag fährt, übersieht man einfach Dinge aus lauter täglicher Fahrerei und man passt nicht mehr so auf.

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  3. Sandra

    Was ist denn aus den anderen Beteiligten des Unfalls geworden? Über die schreibst du kein Wort. Ich fiebere bei jedem Text mit und hoffe, dass du irgendwann wieder komplett hergestellt vor uns stehst. Alles Gute!

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