Ein wichtiger Punkt, über den ich unbedingt berichten muss, sind meine Zimmergenossen. Es ist ein Kommen und Gehen und ich hatte mindestens schon 15 verschiedene Patienten mit in meinem Zimmer liegen. Manche ningeln, manche schnarchen, manche stinken, manche nerven einfach nur. Und dann gibt es die, auf die das alles zutrifft, welche man aber trotzdem ins Herz schließt.
„Kommste wieder?“, höre ich ca. 10 Mal am Tag. Jedes Mal wenn ich den Raum verlasse die gleiche Frage. „Wann gibts Kaffee?“, höre ich ca. 5 Mal am Tag. „Wann kommtn ne Schwester?“ und „Ruft meine Mutti morgen wieder an?“, höre ich gefühlte 30 Mal.
Seit drei Monaten liege ich zusammen mit Dolly im Zimmer. Sie ist 48 und hat eine geistige Behinderung. Im Kopf ist sie, meiner Meinung nach, bei einem Alter von 5 stehen geblieben. Anfangs war es sehr gewöhnungsbedürftig mit ihr. Mittlerweile bin ich mir sicher, sie würde mir fehlen, wenn ich sie nicht mehr in meinem Zimmer hätte. Dolly hat zwei Seiten. Den einen Tag ist sie wahnsinnig deprimiert, fragt jede Minute das gleiche und ist total verwirrt. Den nächsten Tag grinst sie nur, redet in einer Tour und singt sogar. Die zweite Dolly ist mir auf jeden Fall lieber. Es ist besser als Fernsehen, wenn sie anfängt zu erzählen. Sie lästert sogar über manche Schwestern. Göttlich!
Namen kann sie sich auch gut merken. Sie kennt fast meine ganze Familie namentlich und auch viele meiner Freunde.
Gruselig ist es, wenn sie lacht. Wenn ich es nachts im Dunkeln hören würde, hätte ich Angst. Dazu verzieht sie ihr Gesicht auch noch so herrlich.
Dolly bekommt selten Besuch und wird auch sonst kaum beschäftigt. Das zu sehen, ist wahnsinnig traurig. Oft nehme ich mir Zeit für sie, spiele oder male mit ihr. Mittlerweile hat sie mich zu ihrer besten Freundin erkoren. Ist schon sehr süß. Aber Dolly findet fast jeden nett! Sie treibt mich eigentlich täglich zur Weißglut, bringt mich aber auch häufig zum lachen. Ich habe sie trotz allem ins Herz geschlossen.
Und ja Dolly, ICH KOMME WIEDER!