Was sind schon 365 Tage?
356 Tage sind im Vergleich zum ganzen Leben ja eigentlich nichts. Meine letzten 365 Tage waren allerdings die wohl aufregendsten, spannendsten, traurigsten und wohl schmerzhaftesten Tage in meinem ganzen Leben. Egal was noch kommt, es wird sicher kaum so werden wie die letzten 365 Tage.
Nach meinem Abi habe ich mich für ein FSJ entschieden. Wahrscheinlich das Beste, was ich je hätte machen können. Ich habe in diesen 10 Monaten im Krankenhaus auf einer Knochenmarktransplantationsstation gearbeitet. Überall Menschen ohne Haare, schwer krank, kaputt und mit den Kräften am Ende. Ich habe viele ältere Menschen kennengelernt, aber auch junge Frauen mit Kindern und Kinder selbst, welche an Leukämie erkrankt sind. Irgendwann auch ein Mädchen in meinem Alter. Mehrere Wochen lag sie bei uns auf Station. Ich hab mich sehr gut mit ihr verstanden und sie ist mir ans Herz gewachsen.
Ich habe mein Leben schon immer genossen. Schule nie für das Wichtigste gehalten und immer das gemacht, worauf ich Lust hatte. Nach diesem Jahr im Krankenhaus ist mir das aber nochmal richtig deutlich geworden. Das Leben ist viel zu kurz und viel zu schrecklich und viel zu unberechenbar, um sich über alles Gedanken zu machen. Das war der Punkt an dem ich angefangen hab, alles noch mehr zu genießen. Seitdem gebe ich noch lieber viel Geld aus, trinke gern noch mehr Alkohol, esse viele ungesunde Sachen, gehe jede Woche feiern, springe Fallschirm und genieße es einfach.
Und als hätte ich es gewusst… mein Leben änderte sich von der einen auf die andere Sekunde! Ein Knall und alles war vorbei. Zumindest erstmal.
Das erste Selfie: Als ich Bilder für diesen Beitrag rausgesucht habe, ist mir aufgefallen, dass es fast kein Bild gibt, auf dem ich nicht lache. Selbst das erste Selfie, welches ich heimlich mit meinem iPad auf der Intensivstation geschossen habe, wirkt durch mein Lächeln nur halb so schlimm. Ab dem Tag habe ich angefangen, jeden Schritt, jede Narbe, jedes Erfolgserlebnis und jeden Moment der Verzweiflung festzuhalten.
Das erste Mal im Rollstuhl: Nach meiner Verlegung von Leipzig nach Halle und nach unzähligen Operationen durfte ich dann das erste Mal das Bett verlassen und in einem Rollstuhl Platz nehmen.Das erste mal in einem Rollstuhl zu sitzen, war völlig verrückt und unrealistisch. In dem Moment war mir eigentlich überhaupt noch nicht bewusst, dass das jetzt irgendwie meine neuen Beine sind.
Im Laufe der Zeit habe ich viele verschiedene Rollstühle getestet.
Das erste Mal stehen: Monatelang nur liegen oder sitzen ist irgendwie fast unvorstellbar. Ich muss dank meiner Größe von 1,60m ja schon immer nach oben gucken. An diese Perspektive musste ich mich allerdings erstmal gewöhnen. Umso mehr hab ich mich auf den ersten Stehversuch gefreut. Endlich mal wieder mit anderen auf Augenhöhe sein. Das hatte ich vermisst.
Das erste Mal zu Hause: Das wohl Beste war meine erste Fahrt nach Hause. Nach einem halben Jahr Krankenhaus konnte ich endlich mal wieder auf dem Sofa liegen, mit meiner Familie am Tisch essen und das Wetter im Garten genießen. Es war unbeschreiblich.
Das erste Mal laufen: Der unbeschreiblichste Moment war dann zum ersten Mal im Exoskelett zu stehen und zu laufen. Man kann es einfach nicht beschreiben. Wenn etwas so normales zu etwas so schönem wird. Da fehlen einem einfach die Worte!
Ich bin so froh, immer das gemacht zu haben, wonach mir gerade war.
Und das mache ich jetzt genau so weiter. Ich gucke mir fast jeden Tag Bilder und Video an, auf denen noch alles normal ist. Zerbreche mir oft den Kopf und frage mich wieso, weshalb, warum? Wache jeden Morgen auf und starre zuerst auf meine Beine … versuche, dass sich da irgendwas bewegt. Aber auch nach einem Jahr habe ich weder Antworten auf die Fragen gefunden, noch hat sich irgendwas bewegt.
Auch wenn mich die Tatsache, dass sich in den 365 Tagen an meiner Diagnose nichts geändert hat, ziemlich traurig macht, bin ich wahnsinnig froh und dankbar über die ganze Unterstützung das letzte Jahr. Danke an die hilfsbereiten Menschen, welche mich aus meinem zerknüllten Auto befreit haben. Danke an die Ärzte, welche mir das Leben gerettet haben. Danke an die Station RM3 für das Aufpäppeln. Danke an meine Freunde für den Rückhalt. Und Danke an meine Familie für ALLES ❤
❤️💪🏻
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Hey Maria,
ich bin zufällig auf deinen Blog gestoßen und da hängen geblieben. Ich bewundere dich so sehr für deine Kraft zu lächeln, auch wenn das Leben mal wieder verrückt spielt. Du verbreitest so viel positive Energien, auch aus diesem Rollstuhl heraus.
Wir Menschen tendieren dazu, uns über Sachen zu beklagen, die wir nicht haben, als dankbar zu sein, für das was wir haben. Du hast mir das nochmal vor Augen geführt. Danke dafür!
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und verliere ja nicht dein wunderschönes Lächeln. 🙂
Liebe Grüße
Eva
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Hi Maria verlier nie dein Lächeln und deinen Mut ! Zum Fasching hatten wir auch mal eine Programmnummer wo es um das Lächeln ging ,da hast du auch mit gemacht, lange her du als kleiner Chinese 😅 mach weiter so!und immer Lächeln! wir sind da wenn du uns brauchst aber das weißt du ja! LG einer von den Alten aus der Selbsthilfegruppe😉 !
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